„Die Heimat“ von Waltraud Legros - Arte / Karambolage –

Arte / Karambolage – „Die Heimat“ 
von Waltraud Legros
  
Heimat ist eines der deutschen Wörter, die man unmöglich durch eine einzige Vokabel ins Französische übersetzen kann. Heimat ist zugleich das Land, in dem man geboren ist, wo man aufgewachsen ist – „le pays“, wie in dem Ausdruck „rentrer au pays“ -, das Haus, in dem man seine Kindheit verbracht hat oder dasjenige, wo man sich „daheim“ fühlt, chez soi. Wenn man weit weg ist, kann man an Heimweh leiden.

Wenn man ein bisschen in der Geschichte des Wortes Heimat zurückgeht, erfährt man, dass es eine Zeit gab, in der die deutsche Sprache „Heimat“ und „Elend“, la misère, entgegenstellte. Elend kommt vom althochdeutschen ali-lenti und bedeutet wörtlich das andere Land, l’autre pays, das Ausland. Im Ausland zu leben war also synonym mit „im Elend“ leben, womit indirekt aus Heimat das Gleichbedeutende von Glück gemacht wird.

Bis zum 17. Jahrhundert war für die Christen Elend, la misère, gleichbedeutend mit dem Diesseits. Die Heimat war also das Jenseits, das Paradies. Man sagte von einer Person, die gestorben war, dass Gott sie zu sich geholt hatte, das heißt von diesem Elend befreit hatte und dass sie endlich daheim sei.

Das Wort Heimat ist ein Wort aus dem Bereich des Gefühls, sei es an den religiösen Glauben oder an die Kindheitserinnerungen geknüpft, an einen familiären Zusammenhang oder eine ganz bestimmte Atmosphäre. Was nicht ausschließt, dass man sich auch anderswo in der Welt daheim oder zumindest wie daheim fühlen kann.

Das ist es, was die lateinische Maxime ubi bene, ibi patria meint, da wo man sich wohl fühlt, ist man daheim. Das lateinische patria bedeutete sozusagen die mütterliche Patrie, also einerseits das Land der Väter und die mütterliche Erde.

Seitdem sind Vaterland und „patrie“ zu politischen Konzepten geworden.

Ein Vaterland hat Grenzen, die man gegebenenfalls verteidigen muss, ein Vaterland hat eine Flagge, eine Hauptstadt und eine Regierung – welcher Natur auch immer. Soldaten sterben im Kampf für ihr Vaterland und werden damit zu Helden. Die Heimat hat weder Uniformen noch Flaggen. Sie ist das Land, das jeder in sich trägt. 

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