Kunst als politisches Ausdrucksmittel



Georg Grosz „Deutschland, ein Wintermärchen“, 1918

Im Vordergrund sehen wir drei Männer, einen Mann mit einem Kreuz, einen Mann, der eine Uniform trägt und viele Medaillen hat, der dritte Mann trägt ein Buch und Eichenblätter. Wir verstehen, dass sie ein Pfarrer, ein Offizier und ein Lehrer sind.

In der Mitte sitzt ein dicker Mann an einem Tisch. Er hat gerade Fleisch gegessen und trinkt Bier. Dann will er eine Zigarre rauchen.

Am rechten Rand sieht man mehrere Personen. Ein Mann sieht ein bisschen betrunken aus. Wir sehen eine Prostituierte und einen gut angezogenen Mann.

Im Hintergrund gibt es eine Stadt. Hier sehen wir ein Schloss, eine Kirche, eine Fabrik und große Gebäude, Mietshäuser, wo die neue Bevölkerung der Stadt wohnt: die Arbeiter.


Georg Grosz : Deutschland, ein Wintermärchen, 1918


Interpretation :

Die „drei Stützen der Gesellschaft“: das Militär, die Kirche und der Staat versuchen noch ihre Funktion und ihre Macht auszuüben, aber es funktioniert nicht mehr. Die Gesellschaft ist zerstört und es gibt viele Probleme.

Georg Grosz kritisiert vor allem das Bürgertum, weil der dicke Bürger im Zentrum des Bildes sitzt. Er hat viele Privilegien: er hat zu essen, zu trinken und zu rauchen. Aber seine Situation ist nicht mehr so gut. Sein Tischchen ist nicht stabil, er sieht ganz weiss im Gesicht aus und er hält sich krampfhaft an Messer und Gabel fest.

Die Situation in dieser Stadt ist nicht gut. Es sieht chaotisch aus. Die Menschen gehen orientierungslos durch die Stadt, sie sehen grau und krank aus.

Die Monarchie, die durch das Schloss repräsentiert ist, verliert ihre Wichtigkeit. Das Schloss ist ganz klein und scheint zu verschwinden. Man sieht noch seine frühere Pracht, denn die Farben sind hier schön : blau, grün...

Die Farben, die im Rest des Bildes dominieren, sind grau und gelb. Das unterstreicht den Eindruck von Schmutz und Krankheit. Die ganze Gesellschaft ist schmutzig und krank. Die Industrie dominiert das Bild durch den Rauch, der omnipräsent zu sein scheint und auch die Sonne verdunkelt.

Wir wissen, dass 1918 der Erste Weltkrieg zu Ende war und die Weimarer Republik proklamiert wurde.



Wörter

gut angezogen sein = elegant sein
das Mietshaus (¨er) – immeuble de location
die Gesellschaft – la société
die Stütze (n) – le pilier
eine Funktion/Macht ausüben – exercer une fonction/du pouvoir
das Bürgertum – la bourgeoisie / der Bürger
aus/sehen (ie, a, e) – avoir l'air
-los – dépourvu de
die Wichtigkeit – l'importance / wichtig
verschwinden (a, u) – disparaître
unterstreichen -souligner
der Eindruck von – l'impression de
die Pracht - la splendeur 


Besuch aus Rostock – Auszug aus „Sansibar oder der letzte Grund“ von Alfred Andersch, 1957

Ernst Barlach "Der lesende Klosterschüler"

Die Geschichte spielt in Norddeutschland im Jahre 1937 und wir wissen, dass die Nazis seit vier Jahren an der Macht sind.
Wir wissen, dass die Nazis im Jahre 1937 eine Ausstellung über „entartete (=degenerierte) Kunst“ organisiert hatten.

Wer sind die Personen? Was wollen sie mit der Skulptur machen ?

der Doktor
der Pfarrer
der Klosterschüler
die Anderen
der Konservator
« keiner von den Anderen »
der Taktiker
der Karrierist (jemand, der Karriere machen will)
der junge Mann...
Helander
eine Skulptur
eine Statue in der Reriker Kirche

die Nazis
Er will die Skulptur « einsperren, konservieren », schützen vor den Nazis
→ ins Museum nach Rostock bringen und dort konservieren.
Er spricht über die Statue, als wäre sie ein Mensch.
Er will, dass der Klosterschüler in der Kirche bleibt, weil er ihn braucht.
er sitzt und liest.
Sie wollen die Statue verbieten.
Sie haben die Statue auf eine Liste geschrieben. Das sind die Kunstwerke, die nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt werden dürfen.

Teil 2 :
Die Personen :
Knudsen, ein Fischer, der ein Boot hat.
Gregor, ein Kommunist. Wir wissen, dass die Kommunisten von den Nazis verfolgt wurden und im Untergrund lebten oder ins Exil gehen mussten.
Sie wollen mit Helander den Klosterschüler mit dem Boot von Knudsen nach Skillinge in Schweden bringen. Der Klosterschüler soll eine Seereise machen.

Gregor denkt etwas über die Statue.
Er versteht, warum die Nazis die Statue nicht sitzen und lesen lassen wollen, weil das eine Gefahr war. Warum ? Weil er liest und nachdenkt, und die Nazis können das nicht kontrollieren.
Er spricht auch über die Statue, als wäre sie ein Mensch. (Zeile 35 - 38)


Walter Womacka „Frieden durch technisches Wissen, technischen Fortschritt“, 1965

Walter Womacka (1925 - 2010) war ein DDR-Künstler.
Er galt als Staatskünstler, weil er sehr systemkonform war. Er war eine Zeitlang Direktor einer Kunsthochschule in Ostberlin und während dieser Zeit wurden 40 Studenten aus politischen Gründen aus dieser Schule ausgeschlossen.

Der Titel dieses Gemäldes ist: Frieden durch technisches Wissen und technischen Fortschritt (1965)

Wörter
das Gemälde
die Friedenstaube
der Arm
die Hand
die Flagge (n)
der Arbeiter
der Ingenieur
der Künstler
die Darstellung – la représentation
dar/stellen – représenter
aus/schließen (oss, oss) - exclure


Wir sehen einen Arm und eine Hand, die eine Taube fliegen lässt. Im Arm sind Arbeiter und Ingenieure abgebildet. Sie stellen die Arbeit und den technischen Fortschritt in der DDR dar.

Oben rechts sieht man die Flaggen der DDR, der Sowjetunion und von Polen. Auch andere Flaggen der Länder des Ostblocks sind rechts dargestellt.

Über der ganzen Szene scheint eine Sonne, in der wir die Symbole der DDR sehen:

Diese Symbole sind  der Hammer, er repräsentiert die Arbeit und die Arbeiter; ein Zirkel, er stellt die intellektuelle Arbeit von Mathematikern, Ingenieuren dar und repräsentiert das Wissen und den technischen Fortschritt; um beide Werkzeuge herum gibt es eine Krone von Weizen oder Getreide, die die Landwirtschaft und die Bauern darstellen.
Der offizielle Titel der DDR war „der Arbeiter- und Bauernstaat“.

Wir verstehen, dass es sich um ein Propagandabild handelt.

Die Taube repräsentiert den Frieden. Die Arbeiter und Ingenieure arbeiten für diesen Frieden, und die Länder, die den Frieden garantieren sind die DDR, die Sowjetunion und die anderen Ostblockländer.

Wir wissen aber, dass dieses Bild aus dem Jahr 1965 stammt. Das ist die Zeit des Kalten Krieges zwischen Amerika und der Sowjetunion. Es ist vier Jahre nach dem Bau der Berliner Mauer entstanden und die Konflikte zwischen der sowjetischen und amerikanischen Macht waren zahlreich. Deshalb ist dieses Bild ein politisches Bild, weil der Künstler versucht uns (und vor allem die Bürger der DDR) davon zu überzeugen, dass die DDR und ihre politischen Partner „alles für den Frieden tun“.




Lee Miller in Hitlers Badewanne (1945)

Lee Miller war eine amerikanische Fotografin, die für Vogue gearbeitet hat. Eine Zeitlang lebte sie in Paris und war die Frau und Muse von Man Ray, einem französischen Künstler der Surrealismus-Bewegung. Man Ray und Miller haben zusammen gearbeitet und sich gegenseitig inspiriert.  Am Ende des Krieges  begleitete Miller die amerikanischen Truppen auf ihrem Weg zur Befreiung Europas. Sie war eine Kriegsberichterstatterin (correspondante de guerre) und hat viele historische Fotos gemacht.


Wir sehen sie auf diesem Foto, wie sie in Hitlers Badewanne badet. Das ist eine symbolische Aktion.

Es ist

→ ein Akt der Befreiung : Der Krieg ist zu Ende, Hitler ist tot, man kann sogar in seiner Badewanne baden. Also ist die Gefahr vorüber, das Leben kann sich normalisieren.

→ ein Akt der Provokation : Sie macht sich lustig und macht Hitler lächerlich, indem sie sein Badezimmer zeigt. Sie demontiert das Bild, das die Propaganda aus ihm gemacht hat: die Ikone, der Führer, der Diktator, der mächtigste Mann der Welt. Sie zeigt, dass er auch nur ein Mensch war, mit menschlichen, banalen Bedürfnissen (besoins), wie sich baden und auf die Toilette gehen.

→ ein Akt der Okupation/Besatzung : Wir sehen Militärstiefel und eine amerikanische Uniform. Die Nachricht hier ist: die Amerikaner besetzen Deutschland und sogar Hitlers Badezimmer (lächerlich). Aber Lee M. hat ihre Uniform ausgezogen und wäscht sich.
Es zeigt, dass der Krieg zu Ende ist und dass man sich  von den Schrecken und dem Horror abwaschen kann.

Es handelt sich um ein politisches Kunstwerk mit einer politischen und philosophischen Nachricht (message).
→ Aktionskunst!













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